Es fühlt sich für mich nun richtig an, etwas mehr von meiner Vergangenheit zu erzählen. Das ist mir schon lange eine Herzensangelegenheit. Die Geschehnisse meiner Kindheit und Jugend haben mich die letzten Tage voll wieder eingeholt. Vielleicht hilft es jemandem, der Ähnliches erlebt hat. Dann sehe ich in meinen eigenen Erlebnissen auch etwas mehr Sinn. Wen Details zu Krankheiten, Krankenhausaufenthalten und Untersuchungen triggern, sollte den Text nicht lesen.
Das Kind wird keine sechs Jahre alt werden. Was für eine Aussage, mit der meine Eltern fertig werden mussten! Sie haben gekämpft für meine Gesundheit. Als ich drei Wochen alt war, bekam ich den ersten Herzkatheter. Eine Verengung in der Hauptschlagader, der Aorta, eine sogenannte Aortenisthmusstenose, und eine Verbindung zwischen der Aorta und der Lungenschlagader, ein sogenannter offener Ductus Botalli, wurden festgestellt.
Von Herzproblemen zur Krebsdiagnose
Meine Kindheit war geprägt von regelmäßigen Kontrollen im Herzzentrum. Ich habe es gehasst und hatte Angst vor allem. Ich hatte Angst vor der netten Krankenschwester, ich hatte Angst vor dem einfühlsamen Arzt, ich hatte Angst vor dem lustigen Mobile über der Untersuchungsliege, ich hatte Angst vor den bunten Spritzen, ich hatte Angst vor den Kabeln des EKGs. Nun musste ich wieder ins Herzzentrum und hatte Angst vor den Erinnerungen.
Mit sechs Jahren wurde ein zweiter Herzkatheter gemacht und eine Operation war geplant. Meine Eltern haben mit den Ärzten diskutiert und sie überzeugt, dass die OP erst später gemacht werden sollte. Hätten sie mit sechs operiert, hätte die OP später wiederholt werden müssen, weil ich ja noch im Wachstum war.
EKG und Blutdruck waren natürlich auffällig, aber ich hatte körperlich keinerlei Beschwerden. Aber trotzdem hieß es für mich immer: Schon dich! Renn nicht so schnell! Verausgabe dich nicht! Ich liebte rennen, toben, wild sein. Ich war immer schon groß. Mit meinen langen Beinen war ich schnell und gut im Sprinten und Weitsprung. Ich wollte so gern in den Leichtathletikverein oder wenigsten Ballett tanzen. War aber alles zu anstrengend. So habe ich viele Instrumente gelernt und bin in die Welt der Bücher eingetaucht. Natürlich gab ich meinen Eltern die Schuld. Dabei haben sie so gut auf mich aufgepasst und mir als Kind eine zweite OP erspart. Meine Eltern leben nicht mehr. Gerade mit meiner Mutter hätte ich diese ganze Geschichte, selbst als Mutter, so gern noch einmal aufgearbeitet. Aber sie starb viel zu früh schon mit 56 Jahren. Ich war 28 Jahre alt und steckte gerade in meiner zweiten lebensgefährlichen Krankengeschichte. Ich hatte Morbus Hodgkin. Lymphknotenkrebs.
Die letzte Woche hat mich mit voller Wucht zurückgebeamt in diese längst verdrängten und überstanden geglaubten Lebensphasen. Bei den vielen Spaziergängen mit der Familie oder mit Freunden während der diversen Lockdowns in der Pandemie habe ich gemerkt, dass ich beim Reden und Gehen total schnell außer Puste kam. Ehrlicherweise muss ich mir aber eingestehen, dass ich diese Atemnot bei körperlicher Belastung schon seit einigen Jahren spüre. Ich habe es mir immer mit meiner schlechten Lungenfunktion seit der Chemotherapie und Bestrahlung vor 25 Jahren erklärt. Beim jährlichen Check-Up im März hat mein Hämatologe Auffälligkeiten am Herzen festgestellt. Er schickte mich wegen meiner Luftnot zum CT und zur kardiologischen Abklärung. Und schon steckte ich wieder in der Arztmühle.
Auf der Suche nach einer Diagnose
Tag 1
Die Kardiologin meldete mich im Herzzentrum für einen Herzkatheter an, um die Ursache für die Herzinsuffizienz zu finden. Am Dienstag, um 7:27 Uhr zog ich eine Wartenummer für die Aufnahme. Ziemlich blauäugig glaubte ich da noch, am selben Abend wieder nach Hause zu können, maximal eine Nacht im Krankenhaus zu verbringen. Am Wochenende war ja sogar eine kleine Reise an den schönen Tegernsee geplant. Auf Station bezog ich deshalb auch etwas widerwillig “mein” Zimmer, beäugte “mein” Krankenbett von Weitem und harrte der Dinge an dem kleinen Tischchen. Auf dem Bett lag bereits ein “hübsches” OP-Hemd, das ich dann anziehen sollte, wenn mir Bescheid gegeben würde. Mein Aktivismus wurde ziemlich schnell ausgebremst und mürbe gemacht durch stundenlanges Warten. Im Krankenhaus gehen die Uhren anders. Also die der Patienten. Wenigstens konnte ich inzwischen meinen Schlafplatz optimieren und den Platz am Fenster ergattern, da meine Zimmernachbarin gehen durfte. Irgendwann kam mal eine Ärztin, hat Details abgefragt und einen Zugang gelegt. Das war schon mal die erste Hürde. Nach der Chemo habe ich völlig kaputte Venen und jede Blutabnahme ist ein Drama.
Nächste Info war, dass es jetzt bald mit dem Katheter losgeht. Kam dann doch anders. Erst mal zur Lungenfunktionsuntersuchung. Ist ja eine harmlose, aber nicht meine liebste Untersuchung, weil ich weiß, dass sie schlecht ist. Sie wurde von einem Pfleger aber sehr einfühlsam durchgeführt. Dann gleich rüber zur Echokardiographie. Die drei jungen Leute, die mit im Raum herumstanden, irritierten mich erst einmal. Ist halt ein Ausbildungskrankenhaus. Dann machen Sie sich oben mal frei … Der Arzt war aber wieder sehr nett und hat mir gut erklärt, was er sieht. Nämlich schlecht arbeitende Klappen.
Zurück auf Station kam die Ansage, es ginge jetzt zum Katheter. Als ich fertig gestylt im OP-Hemd im Bett mal wieder wartete, kam die nächste Planänderung. Ein Schluckecho wäre vorher noch sinnvoll. Also wieder richtig anziehen und zurück zu den Untersuchungsräumen. Das ist eine etwas unangenehme Untersuchung. Der Hals wird mit einem Spray betäubt, ein Mundstück angesetzt und ein ziemlich dicker Schlauch bis in die Speiseröhre eingeführt. Von da aus ist das Herz per Ultraschall gut zu sehen. Ich bekam aber eine kleine Narkose. Nach 10 Minuten ist die ganze Prozedur auch schon überstanden. Gefühlt war ich die ganze Zeit wach, aber ich denke nicht. Als ich wieder mehr zur Besinnung kam, musste ich husten und mit dem Schlauch kam ein Schwall Schmodder aus meinem Mund gelaufen. Sorry für die Details. Aber ich war genauso wenig darauf vorbereitet. Deshalb hatte man mir vorher ein großes Tuch untergelegt und gesagt, ich solle die Spucke einfach laufen lassen.
Die Narkose hat mich doch etwas mitgenommen, sodass ich im Rollstuhl wieder auf Station gebracht wurde und mich in “meinem” Bett die nächsten zwei Stunden ausruhen sollte. Außerdem wurde ich gleich mal ans EKG verkabelt, bekam einen Clip an den rechten Zeigefinger zur Messung des Sauerstoffgehalts im Blut und wurde mit einer Blutdruckmanschette versehen, die sich regelmäßig aufpumpte. Als nach dreieinhalb Stunden immer noch nichts passierte, fragte ich gegen 15 Uhr vorsichtig nach. Ich war ja immer noch nüchtern. Durfte noch nicht mal was trinken. Der Katheter war nun endgültig auf den nächsten Tag verschoben worden. Mittlerweile war mir eine neue Nachbarin ins Zimmer geschoben worden. Eine sehr alte, schwerhörige und demente Dame. Das wurde anstrengend.
Für die Schwestern war ich wahrscheinlich einerseits eine leichte Patientin, andererseits auch eine schwierige. Die ersten Medikamente abends gegen Bluthochdruck habe ich gleich mal verweigert. Ich habe keinen Bluthochdruck. Das packt mein Kreislauf nicht.
Meine selbstsichere Haltung, mit der ich am Morgen eingecheckt hatte, hat aber schon den ersten Knacks bekommen und etwas verzagt nach den Erlebnissen und schlechten Nachrichten des ersten Tages versuchte ich, mich mit Lesen abzulenken.
Tag 2
Um 8 Uhr sollte es zum Katheter gehen. Um 10 Uhr wurde ich dann geholt. Inzwischen habe ich gelernt, “gleich” heißt im Krankenhaus “in zwei Stunden”. Mir wird immer etwas schlecht, wenn ich im Liegen durch die Gegend gefahren werde. Und die Fahrdienste sind schnell. Im OP-Bereich wurde ich dann erst mal im Gang in eine Reihe wartender Betten eingeparkt. Ich bereute, so viele Arno Strobel- und Sebastian Fitzek-Thriller gelesen zu haben, in denen oft sadistische Psychopaten an Menschen herumoperieren. Nach nur 15 Minuten, in denen ich geschäftig hin- und herlaufende Chirurgen beobachten konnte, die sich auf OPs vorbereiteten, wurde ich auch schon in das Katheter-Labor geschoben.
Ich hatte schon einige OPs und fand es immer gut, dass ich ziemlich bald ausgeschaltet wurde. Aber bei einem diagnostischen Herzkatheter ist man bei Bewusstsein, bekommt nur ein Beruhigungsmittel, das, glaube ich, nicht gewirkt hat. Ich kam mir vor wie eine Leiche auf dem Seziertisch. Es war so kalt. Ich habe fürchterlich gezittert. Vor Kälte und vielleicht auch vor Aufregung. Nachdem endlich am rechten Handgelenk eine Stelle gefunden wurde (Unterhaltung der Schwestern: Ich finde keinen Puls! Ich auch nicht!), an der sie den Zugang für den Katheter legen konnten, wurde ich mit einem sterilen Tuch abgedeckt. Das hat dann ein bisschen gewärmt. Mir kam die ganze Untersuchung ewig vor, es waren aber vielleicht nur 20 Minuten. Am Monitor konnte ich mitverfolgen, wie sich der dünne Draht durch meinen Arm bis zum Herzen vorarbeitete. Gruselig. Ich denke, dass ich als Kind eine Narkose hatte. Dieses Erlebnis hätte sich mir eingebrannt. Die beiden Kardiologen waren aber guter Dinge und mit Eifer bei der Sache.
Als sie fertig waren, beugte sich der Oberarzt über mich und verkündete mir freudig und zu meinem Entsetzen, dass sie ein Blutgerinnsel in der Herzspitze gefunden hatten, was zum Schlaganfall hätte führen können, und schockte mich mit der Ankündigung, dass wir uns wiedersehen würden für einen Katheter der rechten Herzkammer. Gleich zwei Hiobsbotschaften. Auf der Station wurde mir dann sofort eine Heparin-Infusion zur Blutverdünnung gegen die Thrombose angelegt, die mich für die nächsten drei Tage begleiten sollte. Die Wahl fiel auf Heparin, da man das dann schneller für eine eventuell nötige OP absetzen könnte.
Welche OP???!!!
Zum Glück habe ich es vorher noch schnell geschafft, mir meine eigenen Klamotten wieder anzuziehen zur Belustigung der Schwester, die nicht verstehen konnte, dass ich so schnell wie möglich wieder aus dem OP-Hemd wollte. Im Bett hingen nun wieder EKG, Blutdruckmanschette, Sauerstoffclip und zusätzlich die Heparin-Infusion an mir. Am rechten Handgelenk hatte ich außerdem einen sehr fest sitzenden Druckverband über der Punktionsstelle. Alle Wunden heilten durch das Blut verdünnende Heparin nun noch schlechter. Alte traten auf einmal wieder blau hervor. Außerdem wurde immer wieder mal Blut aus der Hand abgenommen, um den Heparin-Wert zu kontrollieren. Weiteres Update der Ärztin: Herzmuskelerkrankung sowie Schädigungen der Klappen kommen wohl von damaliger Chemo und Bestrahlung.
Um den Verdacht mit dem Blutgerinnsel abzuklären, wurde ich wieder mit dem Rollstuhl runter in den Untersuchungstrakt gebracht für ein Echokardiogramm mit Kontrastmittel. Zwei Ärzte konnten den Verdacht nicht bestätigen. Sie haben mir am Bildschirm genau gezeigt, warum nicht. Das hat mich beruhigt. Aber wer sticht wen? Ultraschall den Herzkatheter oder umgekehrt? Fifi blieb mir vorsichtshalber treu erhalten. So hat mein Mann den kleinen türkisen Kasten mit der Spritze, aus der im Schneckentempo das Heparin in meinen Arm gepumpt wurde, getauft. Ich musste das Kästchen immer mit mir herumtragen wie ein Schoßhündchen. Wenn ich schon mal da war, sollte auch noch ein ABI gemacht werden. Dabei wird der Blutdruck an beiden Armen und beiden Beinen gemessen. Der Schwester gefiel gar nicht, dass ich so flott im Kapuzenpulli und angeschlossen an Fifi ankam. Wie solle sie da denn die Manschetten anlegen? Ich hab’s ihr gezeigt.
Am rechten Oberarm war ja noch Platz für ein weiteres Gerät. Da erhielt ich ein Langzeit-Blutdruckmessgerät, das sich alle halbe Stunde aufpumpte. Ab 22 Uhr gnädigerweise nur alle Stunde. Von dem Gedanken, heute nach Hause zu können, hat mich die Ärztin inzwischen abgebracht. Auch die Aussicht, am Wochenende Abschied zu feiern, konnte sie mir nicht geben.
Wieder auf dem Zimmer brach meine standhafte Haltung völlig zusammen. Das war mir alles zu viel. Zu viele Baustellen. Zu viele Aufregungen. Zu viele Schmerzen. Die Tränen liefen einfach. Das konnte doch nicht wahr sein, dass mich nun alles wieder einholte. Und hinter mir in meinem Rücken saß die ganze Zeit meine anstrengende Nachbarin und beobachtete mich. Das Highlight am Abend: Besuch von meinem Mann. Meine große Stütze an diesen Tagen.
Die Reise für’s Wochenende sagte ich schweren Herzens ab.
Tag 3
Feiertag. Das war Pech. Ein völlig vergeudeter Tag im Krankenhaus. Da geschieht ja nichts. Aber ich habe eine neue Zimmergenossin bekommen! Die anstrengende Dame wurde entlassen und eine reizende, sehr nette Dame, frisch operiert, zog ein. Am Nachmittag hat mein Mann mit Leckereien von Starbucks für Abwechslung in der Krankenhauskost gesorgt. Erst mal nichts wie raus, ein bisschen im Garten spazieren gehen. Aber viel ging nicht. Ich war total schlapp von den Untersuchungen, Narkosen, Kontrastmitteln, neuen Medikamenten, die ich nicht mehr stolz verweigerte.
An meinem Nachttisch haben wir uns eine iPad-Netflix-Station gebaut und ein paar Folgen “Killing Eve” geschaut (eine unglaubliche Serie!). Erstaunlich wie ich mich wieder mit der neuen Situation abgefunden habe. Mein Fluchtreflex war gebrochen. Und die netten Gespräche mit meiner Nachbarin, die auch schon einiges im Leben durchgemacht hat, haben mir geholfen. So ging auch dieser Tag rum.
Tag 4
Ich habe auch die dritte Nacht gut geschlafen. Ich habe mir jeden Abend eiskalt eine Schlaftablette geben lassen. Keine Lust, auch noch wach im Krankenhaus die Nacht rumzuliegen. Allerdings war ich morgens immer völlig verklatscht, wie meine Tochter das Gefühl nach einer Partynacht gern nennt. Um 7:30 Uhr (das ist ja eigentlich ziemlich human) wurde brutal die Tür geöffnet, das grelle Oberlicht angemacht und der Weckruf verkündet: Guten Morgen! Ich müsste Sie einmal wiegen. Ich wurde jeden Morgen dank Schlaftablette aus tiefstem Schlaf gerissen. Dann Fieberthermometer ins Ohr und Blutdruck messen. Egal, dass am anderen Arm das Langzeit-Blutdruck-Messgerät lief.
Ich wollte gerade ins Bad, zur Körperhygiene ein bisschen Katzenwäsche machen (mehr ließen die EKG-Verkabelung und mein Fifi nicht zu), als mir verkündet wurde, dass ich jetzt zum MRT solle. Darf ich mich noch anziehen? Ja, schnell. Eine MRT-Untersuchung ist ja auch so eine belastende Untersuchung. Erstmal wieder hübsches OP-Hemdchen anziehen. Dann auf die kalte Liege und der Oberkörper wurde wieder verkabelt und verklebt. Beim dritten Anlauf klappte das. Ob ich eine Heterotaxie hätte, d. h. das Herz auf der anderen Seite.
???!!!
50 Minuten in einer engen Röhre mit lauten Schlägen und ständigen Anweisungen: Einatmen, ausatmen, nicht mehr atmen …. weiteratmen. Viel zu schnell. Wenn das so weitergeht, hyperventiliere ich. Aber Robbie Williams hat mich beruhigt. Ein Kopfhörer spielte mir Musik in die Ohren. Nach 20 Minuten wurde Kontrastmittel eingespritzt. Das warme Gefühl löst bei mir immer sofort Harndrang aus.
Aber auch diese Untersuchung war aufschlussreich und hat gezeigt, dass das Röhrchen, das mir als 14-Jährige in einer großen OP zur Erweiterung der Engstelle im Aortenbogen eingesetzt wurde, zu klein geworden ist. Wahrscheinlich schon lange. Dagegen muss mein eh schon geschwächtes Herz auch noch ankämpfen.
Ein weiterer etwas banalerer Vorteil des MRTs war, dass sie mich von Fifi abgestöpselt hatten. Auch die EKG-Verkabelung war mir vorher schon abgenommen worden. Zurück im Zimmer habe ich die Gelegenheit gleich genutzt, um nach drei Tagen endlich mal wieder zu duschen und Haare zu waschen. Was für ein herrliches Gefühl! Um 10 Uhr konnte ich dann mein seit 8 Uhr bereitstehendes Frühstück genießen. Auf meine Bitte hin sogar mit frischem Kaffee.
Beim Mittagessen große Visite mit “meiner” Stationsärztin, Oberarzt und Ärztlichem Direktor des Herzzentrums. Das Erörtern meines “Falls” und die kompetenten Überlegungen in meiner Gegenwart und im Gespräch mit mir haben mich sehr beruhigt. Ich habe mich als Patientin völlig ernst genommen gefühlt. Und der Ansatz eines Plan hat sich herausgestellt.
Am Nachmittag musste ich allerdings noch ein CT über mich ergehen lassen, wieder mit Kontrastmittel. Aber im CT lässt sich der Aortenbogen wohl noch deutlicher darstellen und die Verengung besser beurteilen. Nach dem CT wurde mir noch ein Langzeit-EKG angebappt und das Messgerät umgehängt. Mit Fifi und EKG-Brustbeutel habe ich mich wieder auf Station begeben.
Mal wieder beim Abendessen, zu dem uns mein Mann Brezn reingeschmuggelt hat, kam “meine” Ärztin herein und fragte mich, ob es OK sei, wenn ich jetzt wieder nach Hause gehe.
!!!! Was für eine Frage!!!
Super nett und verständlich hat sie uns all die Ergebnisse der letzten Tage zusammengefasst und den Plan, den sie im Team entwickelt haben, erklärt. Ich werde mich an ein paar Medikamente gewöhnen müssen zur Stärkung des Herzmuskels und die Kinderkardiologie (weil das deren Schwerpunkt ist) wird in nächster Zukunft noch einen Eingriff vornehmen, um die Engstelle zu entlasten. Aber erst einmal durfte ich nun nach Hause … als kleines Andenken bekam ich das Langzeit-EKG über Nacht mit, das mein Mann gestern aber zur Auswertung zurückgebracht hat. Keine Kabel, Infusionen oder sonstige Geräte mehr an meinem Körper ist ein ziemlich befreiendes Gefühl.
Was sich hier so locker liest, war eine Tortur. Schmerzen, Unsicherheit, ständig neue und schlechte Nachrichten. Nach zehn Untersuchungen an drei Tagen, drei davon sehr unangenehm, viermal Kontrastmittel, zig Blutabnahmen, ungewohnten Medikamenten bin ich völlig erschöpft, noch etwas geschockt und versuche, wieder positiv nach vorn zu schauen. Ich bin dem Ärzteteam jedoch sehr dankbar, dass sie so gründlich in alle Richtungen Ursachenforschung betrieben haben und mich nicht haben gehen lassen, bevor nun ein Plan entwickelt wurde, wie man mir helfen kann … auch wenn ich noch am Dienstag kein bisschen auf so etwas vorbereitet war.
10 Antworten zu “Lebenslinien #1 – Meine persönliche Geschichte, eine Herzensangelegenheit”
Meine liebe Dorothee,
es ist schwer für mich, die richtigen Worte zu finden. Mehrmals habe ich begonnen, Dir zu schreiben und finde auch jetzt nicht die richtigen Worte. Dein Beitrag ging mir sehr unter die Haut und ich musste beim Lesen einige Tränen verdrücken. Ich stehe immer noch unter Schock und bin fassungslos. So kennt man sich virtuell schon einige Jahre und ahnt nicht, welche Schicksalsschläge sich im Leben des anderen ereignen und ereignet haben. Mich in Dich hineinfühlen zu versuchen vermag nicht ansatzweise erahnen zu lassen, was Du durchleben musstest und aktuell musst, was in Dir vorgeht…
Du bist so ein wundervoller, unglaublich liebenswerter, sympathischer Mensch und wirkst auf mich so positiv. Ich wünschte Dir von Herzen, dass Du all das nie hättest durchmachen müssen und kann nur sagen wie unendlich leid es mir tut. So gerne würde ich Dir tröstend und aufmunternd zur Seite stehen, aber keine Worte der Welt vermögen dieses. Es ist beruhigend zu wissen, dass Dein Mann an Deiner Seite und Dein Fels in der Brandung ist. Ich bin mir sicher, dass Ihr gemeinsam diesen steinigen, schweren Weg meistern werdet und wünsche Dir von ganzem Herzen ganz viel Kraft und einen alles gute für die bevorstehende OP und Behandlung.
Fühl Dich ganz fest umarmt und pass bitte gut auf Dich auf!
In Gedanken bei Dir,
Melanie
Liebe Melanie,
du hast wundervolle Worte gefunden, die mich sehr berühren. Dein Mitgefühl tut ganz schön gut.
Es ist ja auch ein bisschen viel, Ereignisse, die über Jahre passiert sind, euch hier so um die Ohren zu hauen.
Für mich ist das ein Stück Therapie, meine Vergangenheit nicht nur zu verdrängen, sondern anzunehmen.
Es hat mir immer schon geholfen, dass ich sehr positiv bin, nicht lange hadere und mich schnell wieder neuen Herausforderungen stelle.
Es ist ja auch so viel Schönes passiert in meinem Leben und passiert immer noch.
Alles Liebe, Dorothee
Hallo Dorothee…….auch ich war eben erschrocken von deinem Krankenhausaufenthalt lesen zu müssen.Du hast das sehr tapfer und stark gemeistert.Du bekommst mein vollstes Mitgefühl.Auch geschriebene Worte können eine therapeutische Wirkung haben und beim Verarbeiten von schweren Situationen helfen und unterstützen. Mir tut das Schreiben von der Seele immer sehr gut.
Du bist eine herzensgute Frau,liebe Dorothee und mit deinem Herzen wird alles wieder gut !
♡-liche Grüße von Ulrike
Liebe Ulrike,
sehr, sehr lieb deine Worte! Die tun mir richtig gut.
Mir hilft das Schreiben auch immer sehr. Bin immer schon der “schriftliche Typ” gewesen.
Alles Liebe, Dorothee
Liebe Dorothee,
dein Blogpost bewegt mich zutiefst. Jetzt kennen wir uns so lange und ich kannte deine traurige Geschichte gar nicht. Ich finde es mutig und bewundernswert, dass du dir hier dein Leid von der Seele geschrieben hast. Ich konnte mir die Tränen nicht verkneifen. Geschämt habe ich mir für meinen Frust, den ich bis heute geschoben habe, denn nach deinen Bericht, wirken meine aktuellen Probleme nur noch klein und lächerlich. Das dich dein Schicksaal von früher wieder einholt ist schockierend. Das Leben ist nicht gerecht. Du bist so ein liebenswerter und herzlicher Mensch! Ich wünsche dir so sehr, dass du wieder ganz gesund wirst, du die anstehende OP und Behandlungen gut wegsteckst und deine Positivität weiterhin behälst. Ich würde mich freuen, wenn du mir Bescheid gibst, wenn es soweit ist. Wenn es dir Recht ist, komme ich dich gerne im Krankenhaus besuchen. Aber natürlich nur, wenn du dich dementsprechend dafür fühlst. Falls ich dir irgendwie helfen kann sag Bescheid. Fühl dich feste gedrückt! Viel Kraft meine Liebe! Alles erdenklich Liebe und Gute, Tanja
Liebe Tanja,
nun hast du mich mit deinen mitfühlenden Worten sehr gerührt. Das ist ja total lieb, dass du mich sogar besuchen möchtest. Aber treffen wir uns lieber danach auf einen Kaffee. Das wird so minimalinvasiv gemacht wie möglich, dass ich gar nicht lang im Krankenhaus bleiben muss.
Und das ist nur menschlich, dass wir uns aufregen. Es gibt so vieles, was einen belasten kann, auch wenn es nicht gleich ums große Ganze geht. Das geht mir doch ganz genauso.
Ganz lieben Dank und fühl dich gedrückt!
Dorothee
Liebe Dorothee,
ich verstehe, dass du all deine Kraft brauchst und Besuch viel zu anstrengend sein wird. Aber verspreche mir, dass du dich meldest, wenn dir dann irgendwann danach ist jemanden zu sehen.
Ich wünsche dir alles gute und viel Kraft!
Fühl dich feste gedrückt!
Alles Liebe, Tanja
Das mache ich sehr gern, liebe Tanja!
Danke und alles Liebe, Dorothee
Liebe Dorothee,
wir kennen uns nun schon recht lange und ich schätze unsere enge Freundschaft sehr. Dein Bericht hat mir nochmal vor Augen geführt was Du alles durchmachen musstest und es tut mir so leid, dass Dich jetzt vieles wieder einholt. Was für eine Belastung. Es ist mutig und wichtig sich zu öffnen, sich verletzlich zu zeigen und solche Teile seiner Lebensgeschichten zu erzählen, das Leben ist nicht nur glitzernd.
Es ist bewundernswert wie Du Dir immer wieder Deinen positiven Blick nach vorne bewahrst und neu erarbeitest.
Du bist so ein liebenswerter Mensch, ich bin immer für dich da, so wie Du für mich. Ich bin Dir so dankbar, wie Du mich nach dem Tod meiner Mama unterstützt hast, obwohl Du selbst auch dazu eine traurige Geschichte hast.
Ich drücke Dich, alles Liebe und bis ganz bald wieder bei einem unserer schönen Frühstücke mit Blick auf den See!
Liebe Verena,
du warst und bist mir eine große Stütze an diesen Tagen. Bei dir kann ich ganz ehrlich sein und offen über meine Ängste sprechen.
Du findest immer tolle Worte!
Wie ich mich freue, wenn das hier erst mal wieder überstanden ist, mit dir in einem unserer Lieblings-See-Cafés, das Leben zu genießen.
Danke dir von Herzen!
Alles Liebe,
Dorothee