Alle Jahre wieder: Last-Minute Buchtipps für Weihnachten

Weihnachten ohne Bücher unter dem Tannenbaum gab’s bei uns noch nie. Für alle, die auch gern Bücher verschenken, habe ich Last-Minute Buchtipps.

Jan Weiler: Der Markisenmann

Sie kennt ihn gar nicht. Ihren Vater. Als Kim zweieinhalb Jahre alt war, verließ die Mutter ihn. Und jetzt, dreizehn Jahre später, soll sie die Sommerferien bei ihm in Duisburg verbringen.

Es ist 2005 und die 15jährige Kim lebt mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater Heiko und dem sechs Jahr jüngeren Halbbruder Geoffrey in einer Villa in Köln. Sie fühlt sich als schwarzes Schaf der Familie, vernachlässigt die Schule, klaut aus Langeweile und verursacht einen Unfall, bei dem Geoffrey sich schwer verletzt. Nach einem Aufenthalt in der geschlossenen Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie folgt die Abschiebung zu ihrem leiblichen Vater Ronald Papen, während ihre Familie in den Sommerurlaub nach Miami fliegt.

Eine anrührende Vater-Tochter-Geschichte beginnt. Kim verhält sich anfangs total ablehnend und will nichts wie weg. Ihr Vater lebt in einer Lagerhalle im Industriegebiet von Duisburg und verkauft seit Jahren Markisen, die es in zwei schrillen 70er-Jahre-Mustern gibt. Das eine ziert das Buchcover.

Kim entwickelt immer mehr Sympathie für ihren Vater. Er stellt keine lästigen Fragen und Forderungen. Er hört zu. Und Kim hilf ihm mit neuen Verkaufsmethoden, seine Markisen unter die Leute zu bringen.

Schließlich erfährt Kim auch das Geheimnis ihrer Familie.

Ein großartiges und feines Buch, das sich wunderbar wegliest. Besonders die Verkaufsaktionen von Vater und Tochter sind super witzig.

Jan Weiler: Der Markisenmann* erschienen im Heyne Verlag, 2021

Claudia Schuhmacher: Liebe ist gewaltig

Das ist kein Wohlfühlbuch. Erschreckend rotzig, provokant und ehrlich die Sprache, die das Brutale locker erzählt. Es sind Sätze, die wütend machen. Wir begleiten Juli dabei, erwachsen zu werden, ihren Weg zu finden nach einer grausamen Kindheit.

2007, Juli ist in einer Kurklinik. Sie hat sich die Pulsadern aufgeschnitten. Juli kommt aus “gutem” Elternhaus aus dem akademisch-bürgerlichen Milieu. Die Eltern beide Anwälte. Juli hat eine Schwester und zwei Brüder. Hinter der Fassade der Vorzeigefamilie wohnt das Grauen häuslicher Gewalt. Der Vater schlägt seine Kinder und Frau auf brutalste Weise und macht sie durch Demütigungen seelisch kaputt. Juli rettet sich in Videospiele. Die Kinder fühlen sich auch von der Mutter verraten, die sich schwach und unterwürfig in Selbstmittleid suhlt und sich ihre eigene Wahrheit zurechtlegt.

2014. Als junge Erwachsene geht Juli nach Berlin. Sie nennt sich Jules. Sie studiert Mathematik, promoviert und finanziert sich ihr Leben als Profigamerin. In Sanyu findet sie ihre große Liebe, doch verschweigt sie ihre Misshandlungen durch den Vater. Sanyu verlässt sie.

2016. Juli nennt sich nun Julia. An der Seite von Thilo wird sie zum Abbild ihrer Mutter. Sie macht sich abhängig von ihrem Freund und lässt sich “gerade” biegen.

Wie das endet, verrate ich an dieser Stelle nicht.

Eine intensiv Lektüre. Liest sich rasant.

Claudia Schumacher: Liebe ist gewaltig* erschienen im Deutschen Taschenbuch Verlag, 2022

Miriam Georg: Elbleuchten

Ich mag historische Romane, auch wenn der Plot erfunden ist, es so aber hätte damals passieren können. Der Roman spielt im 19. Jahrhundert in Hamburg und schildert, wie Lily Karsten, die Tochter einer erfolgreichen Reederfamilie, aus ihrer wohlbehüteten und privilegierten Welt ausbricht, um gegen die Ungerechtigkeiten der sozialen Schichten und zwischen Männern und Frauen anzukämpfen. Erschreckend plastisch wird die Armut und das Elend in den Hamburger Gängevierteln geschildert, die als größte Slums in Europa galten.

Ein Buch voll spannender Wendungen, einer schicksalshaften Liebesgeschichte, Familiengeheimnissen und einem fiesen Cliffhanger. Gut, dass der zweite Band Elbstürme* bereits erschienen ist!

Miriam Georg: Elbleuchten* erschienen im Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2021

Daniela Dröscher: Lügen über meine Mutter

Es ist kaum auszuhalten. Der Vater schiebt sämtliche Misserfolge in seiner beruflichen Laufbahn und in seinem Leben auf das Übergewicht seiner Frau. Sie ist Schuld, dass er nicht befördert wird, da er sich mit ihr nicht blicken lassen kann. Er fordert drastisch und demütigend, dass sie abnehmen soll.

In der autobiografisch geprägten Geschichte erzählt Ella vom Aufwachsen in einer Familie in den Achtzigern in der Provinz im Hunsrück. Das Körpergewicht der Mutter wird zum alles beherrschende Thema. Die Mutter jedoch ist eine starke Frau, die den Familienalltag alleine stemmt, ein Pflegekind aufnimmt, noch ein Baby bekommt und sich um ihre demente Mutter kümmert.

Nicht das Übergewicht der Mutter ist das Problem. Das Problem ist der Vater, der das Patriarchat der siebziger und achtziger Jahre symbolisiert.

Richtig gut geschrieben. Meine Empfehlung für alle, die selbst in den Achtzigern aufgewachsen sind.

Daniela Dröscher: Lügen über meine Mutter* erschienen bei Kiepenheuer & Witsch, 2021

Julie Caplin: Das kleine Café in Kopenhagen

Achtung! Das ist eine Schmonzette. Aber eine gute!

Ich habe ja schon ein paar Mal Pressereisen mitgemacht. Und genau um so eine Pressereise geht es in dem Roman. Kate soll eine Reise nach Kopenhagen organisieren, um Journalistinnen und Journalisten zu zeigen, warum die Dänen als glücklichste Nation der Welt gelten.

In Kopenhagen macht die Journalistengruppe Kate das Leben schwer und sie hat ihre Sorgen und Nöte mit ihnen. Dann ist da auch noch Quertreiber Ben. Aber wie soll es anders sein, eine Liebesgeschichte entspinnt sich zwischen den beiden.

Das Buch ist perfekt zum Abschalten, liest sich locker weg und ist wirklich gut geschrieben.

Julie Caplin: Das kleine Café in Kopenhagen* erschienen im Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2020

Susanne Niemeyer: Das Weihnachtsschaf

Last but not least habe ich noch etwas Weihnachtliches für euch. Im letzten Jahr habe ich meiner Familie in der Adventszeit abends ein paar Mal aus dem Büchlein vorgelesen. Es ist so witzig und kein bisschen rührseliger Weihnachtskitsch.

“Etwas liegt in meinem Essen” wundert sich das Schaf im Stall und erzählt die Weihnachtsgeschichte aus einer ganz neuen Perspektive. So überraschend anders wie die 23 weiteren Geschichten voller Hoffnung und Wunder.

Susanne Niemeyer: Das Weihnachtsschaf* erschienen bei Herder, 2016

Vielleicht ist auch bei meinen Buchtipps aus dem Sommer das eine oder andere Buch zum Verschenken dabei. Die lassen sich auch gut im Winter lesen.

Viel Spaß beim literarischen Verschenken!

Eure Dorothee

Folgt ihr mir schon auf Instagram @living.elements? In meinem Highlight “Buchtipps” habe ich weitere Buchempfehlungen für euch.

Hier noch einmal alle Titel meiner Last-Minute Buchtipps für Weihnachten übersichtlich aufgelistet:

• Jan Weiler, Der Markisenmann*
• Claudia Schumacher: Liebe ist gewaltig*
• Miriam Georg: Elbleuchten*
• Daniela Dröscher: Lügen über meine Mutter*
• Julie Caplin: Das kleine Café in Kopenhagen*
• Susanne Niemeyer: Das Weihnachtsschaf*

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